Vom Weltraum zur industriellen Messtechnik:
Fraunhofer IPM feiert 40-jähriges Jubiläum
Die Weltraumforschung war das Kernthema einer Freiburger Forschungsgruppe, aus der 1973 das »Fraunhofer-Institut für Physikalische Weltraumforschung IPW« hervorging. In den 1980er Jahren richtete sich das Institut inhaltlich neu aus und erhielt den heutigen Namen »Fraunhofer-Institut für Physikalische Messtechnik IPM«. Die industrielle Messtechnik ist heute der Forschungsschwerpunkt des Instituts. Auf einer Jubiläumsveranstaltung mit rund 250 geladenen Gästen würdigten Vertreter aus Wissenschaft und Politik die Leistungen des Instituts – und prophezeiten ihm eine aussichtsreiche Zukunft.
Edith Sitzmann, Fraktionsvorsitzende Bündnis 90 / Die Grünen im Landtag, brachte es auf den Punkt: »Industrielle Prozesse effizienter gestalten und damit Energie- und Ressourceneinsatz minimieren«, damit leiste Fraunhofer IPM einen wichtigen Beitrag zu einer sinnvollen Kombination von Ökologie und Ökonomie in Zeiten steigender Energie- und Rohstoffpreise. Die rot-grüne Landesregierung unterstütze vor diesem Hintergrund das von Fraunhofer IPM und ISE initiierte Leuchtturmprojekt »Sustainable Energy Valley Freiburg«, trotz angespannter Haushaltslage.
Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid hob die wichtige Bedeutung der wirtschaftsnahen Forschung für Baden-Württemberg hervor: »Wir bieten unserer Wirtschaft ein einzigartiges Angebot an wirtschaftsnaher Forschungsinfrastruktur: Über 30 Einrichtungen der Fraunhofer-Gesellschaft, des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt und der Innovationsallianz Baden-Württemberg. Hier entsteht Innovation, hier entsteht Zukunft«, sagte der Minister. »Für den anstehenden Neubau des IPM haben Land und Bund bislang jeweils sechs Millionen Euro bewilligt. Auch an den weiteren Kosten wird sich das Land finanziell beteiligen«, versprach Schmid. »Damit erhält das IPM die Möglichkeit, sich dynamisch weiter zu entwickeln und die Forschung in wichtigen Zukunftsbereichen der Hochtechnologie auszubauen.«
Neue Qualität der Zusammenarbeit
Oberbürgermeister Dieter Salomon betonte in seiner Rede die immer wichtiger werdende Rolle der Fraunhofer-Gesellschaft am Standort Freiburg. Der geplante Neubau des Instituts auf dem Campus der technischen Universität ermögliche »wissenschaftliche Kooperation und Austausch auf kurzem Wege«, so Salomon. Im Gemeinderat seien die Erläuterungen von Uni-Rektor Schiewer und Institutsleiter Buse zum geplanten Neubau und zum »Sustainable Energy Valley« auf regelrechte Begeisterung gestoßen, berichtete Salomon. Dies sei durchaus nicht die Regel, so der Oberbürgermeister.
Rektor Hans-Jochen Schiewer sprach von einer neuen Qualität der Zusammenarbeit und wertete die engere Anbindung der außeruniversitären, anwendungsorientierten Forschung an die Universität als überzeugendes Modell. Vor dem Hintergrund des geplanten »Sustainable Energy Valley« sieht Fraunhofer-Vorstandsmitglied Alexander Kurz in Freiburg einen geeigneten Kandidaten für den Standort eines der von der Fraunhofer-Gesellschaft geplanten nationalen Leistungszentren mit dem Thema »Nachhaltigkeit« als Leitmotiv.
40 Jahre Daten für die Klimaforschung
Als Professor Karl Rawer 1963 den Vorläufer des Instituts gründete, stand die Weltraumforschung, und hier insbesondere die Erforschung der Ionosphäre, im Zentrum des Interesses. Neuartige Messtechniken lieferten Erkenntnisse über diesen Teil der erdnahen Atmosphäre, der vor allem für die Ausbreitung von Funkwellen von Bedeutung ist. Als Zeitzeuge berichtete der heute 100-jährige Rawer den Gästen von den Anfängen des Instituts. Karsten Buse würdigte die außergewöhnliche Lebensleistung des Wissenschaftlers, der persönlich an der Veranstaltung teilnahm. Mit 40 Raketenstarts und neun Satelliten-Missionen hat Fraunhofer IPM sich internationale Anerkennung auf dem Gebiet der Weltraum-Messtechnik erworben. Aktuell sendet ein Messsystem des Fraunhofer IPM Daten von der Internationalen Raumstation ISS, die in Klimamodelle einfließen. Noch heute widmet sich ein Teil des Instituts der Weltraumforschung und die Erfahrungen aus der Weltraumforschung sind noch immer Grundlage verschiedenster Forschungsvorhaben am Institut – auch wenn sich das Forschungsspektrum in den vergangenen 40 Jahren verlagert und erweitert hat.
Die Atmosphäre als Müllkippe – Klimaexperte Latif über den Klimawandel
So passte denn auch der Vortrag des international anerkannten Kieler Klimaforschers Mojib Latif ins Programm: Unter dem Titel »Verheizen wir unser Klima?« berichtete Latif über Erkenntnisse der Klimaforschung und räumte mit einigen Missverständnissen in der öffentlichen Diskussion um den Klimawandel auf. Es sei unstrittig, so Latif, dass die CO2-Konzentration in der Atmosphäre einen Höchststand in der Menschheitsgeschichte erreicht hat. »Wir nutzen die Atmosphäre als Müllkippe«, so drastisch formulierte es der Klimaforscher. Latif sieht darin ein hochriskantes Experiment an unserem Planeten. Die Klimafrage sei weniger ein Erkenntnis-, als ein Umsetzungsproblem. Was die internationalen Bemühungen zum Klimaschutz betrifft, zog der Forscher eine ernüchternde Bilanz: »Aus wissenschaftlicher Sicht gibt es derzeit keinen Klimaschutz.«