Umform-, Stanz- oder Spritzgussteile müssen heute oftmals mit Toleranzen von wenigen 100stel Millimeter und ohne Oberflächenfehler gefertigt werden. Hersteller stehen vor der Herausforderung, die Qualität jedes einzelnen Teils zu dokumentieren. Bei der Qualitätskontrolle von Kleinteilen sind Stichprobenprüfungen häufig Stand der Technik. Um die hohen Qualitätsansprüche zu erfüllen, übernehmen nicht selten spezialisierte Sortierdienstleister eine nachgelagerte 100-Prozent-Qualitätskontrolle. Bauteilspezifische Prüfautomaten inspizieren dabei alle Teile schnell und genau, benötigen aber ein aufwändiges Bauteilhandling und lassen sich nicht für andere Teiletypen einsetzen. Die Vielfalt der meist als Schüttgut verarbeiteten Kleinteile macht eine automatisierte Inspektion mit einem einzigen System nahezu unmöglich.
Automatisierte Inspektion ohne spezifisches Bauteil-Handling
Inspect-360° HR ermöglicht eine weitgehend typunabhängige Inspektion von Kleinteilen ohne zusätzliches Handling. Die zu prüfenden Teile werden in diesem Sortiersystem über ein Förderband einzeln in eine Hohlkugel befördert und im freien Fall mithilfe von 16 Kameras gleichzeitig aus allen Richtungen inspiziert. Dabei werden sie diffus beleuchtet und erscheinen auch bei blanker oder geölter Oberfläche schatten- und reflexfrei. Die Teile passieren das Messvolumen im Sekundentakt in beliebiger Orientierung – ein spezifisches Handling ist nicht notwendig.
Objekte bis 60 mm Durchmesser können in dem System geprüft werden. Mithilfe von Echtzeit-Bildverarbeitung werden die aus verschiedenen Perspektiven aufgenommenen 2D-Bilder direkt nach der Aufnahme auf das bekannte CAD-Modell gemappt und ausgewertet. Für jedes 2D-Bild wird die Abweichung der Außenkontur zum CAD-Modell der jeweiligen Ansicht berechnet. Maßhaltigkeitsfehler lassen sich dadurch sofort erkennen. Die Textur der Teile wird mittels KI-basierter Anomalie-Detektion analysiert. Auffälligkeiten auf der Oberfläche können damit schnell erkannt werden, was für viele Anwendungen bereits einen großen Nutzen darstellt.
Um Kleinteile bis 30 mm Durchmesser mit einer Toleranz von wenigen 1/100 mm im freien Fall zu prüfen, ist eine nahezu mikroskopische optische Auflösung von 15 µm nötig. Daher ist die Prüfkugel des Inspect-360°HR besonders klein dimensioniert; so werden Fallhöhe und -geschwindigkeit des Bauteils und damit der Einfluss der Bewegungsunschärfe gering gehalten.
Miktrometergenau in der Produktionslinie
Inspect-360° HR eignet sich für die Inspektion umgeformter Kleinteile wie Stecker, Schrauben und Bolzen sowie spritzgegossener Kunststoffteile. Maßhaltigkeits- und Texturdefekte ab einer Größe von ca. 30 µm sind erkennbar. Ein einziges System kann zur Prüfung unterschiedlicher Teile eingesetzt werden, ohne dass die Hardware angepasst werden muss. Kleinteile lassen sich inline im Sekundentakt prüfen, wodurch ein direktes Eingreifen oder eine Rückkopplung in den Prozess möglich wird. Mithilfe von Inspect-360°HR lässt sich auch die Einricht- und Warmlaufphase eines Prozesses überwachen und deutlich verkürzen. Dadurch kann die Produktionseffizienz gesteigert und Ausschuss reduziert werden.
Prüfung von Beschichtungen und Verunreinigungen
Für die Prüfung von Bauteilverunreinigungen und -beschichtungen kann Inspect-360° HR mit dem Freifall-System F-360° von Fraunhofer IPM kombiniert werden. Dieses bildgebende Inspektionssystem arbeitet auf Basis von Fluoreszenzmesstechnik. Es detektiert ortsaufgelöst die Verteilung von Verunreinigungen und misst die Dicke von Beschichtungen. Bei einer Kombination der Systeme werden die Bauteile in einem einzigen Messdurchgang geprüft.