Projektabschluss Fraunhofer-Leitprojekt ElKaWe
Wärmepumpen ohne Kompressoren: Fraunhofer erzielt Fortschritte in der Elektrokalorik
Hocheffiziente festkörperbasierte Wärmepumpen ohne Kompressoren - dieser Vision sind Fraunhofer-Forschende im kürzlich abgeschlossenen Forschungsprojekt ElKaWe ein gutes Stück nähergekommen. Sie machten entscheidende Fortschritte beim Material und Systemaufbau und bauten erste elektrokalorische Demonstratoren auf, die das enorme Potenzial der Technologie zeigen.
Weltweit steigt der Bedarf an Kühl- und Klimatechnik rasant an. Heutige Wärmepumpen arbeiten auf Basis von Kompressoren und werden sowohl zum Heizen als auch zum Kühlen eingesetzt. Betrieben mit regenerativ erzeugtem Strom sind sie ein wichtiger Baustein für die Energiewende. Mit einem grundsätzlich neuen Konzept wollen Fraunhofer-Forschende die Wärmepumpen-Technologie revolutionieren: Ihr Ziel sind festkörperbasierte Wärmepumpen auf Basis elektrokalorischer Materialien, die ohne schädliche Kältemittel auskommen und potenziell effizienter arbeiten als kompressorbasierte Systeme. Im Rahmen des kürzlich abgeschlossenen Projekts ElKaWe (Elektrokalorische Wärmepumpen) forschten sechs Fraunhofer-Institute an allen wichtigen Teiltechnologien elektrokalorischer Systeme. »Mit ElKaWe haben wir sehr große Fortschritte beim Material, bei der Elektronik und beim Wärmeübertrag gemacht. Auch wenn es noch viel zu tun gibt – dies waren entscheidende Schritte in Richtung Marktfähigkeit«, sagt Projektleiter Dr. Kilian Bartholomé vom Fraunhofer IPM.
Elektrokalorisches Material: vielversprechende Polymere, Keramiken und Hybridmaterialien identifiziert
Eine wichtige Rolle für die Effizienz und Langlebigkeit elektrokalorischer Wärmepumpen spielt das elektrokalorisch-aktive Material. Das Konsortium hat verschiedene Polymer- und Keramikmaterialien entwickelt und getestet. Ein Team am Fraunhofer IAP realisierte dünne, durchschlagfeste elektrokalorische Polymerfolien als Komponenten mit bis zu zehn Lagen und setzt damit international neue Standards. Am Fraunhofer IKTS wurden keramische Mehrlagenkomponenten auf Basis von PMN-PT (Blei-Magnesium-Niobat/Blei-Titanat) entwickelt, die den hohen Anforderungen an Durchschlagfestigkeit und Betriebsfrequenz gerecht werden. In ersten Langzeittests erwiesen sich die keramischen Komponenten als äußerst stabil: Über 70 Millionen Zyklen trat keine Veränderung des elektrokalorischen Effekts auf. Weitere Tests von Komponenten mit anderen Materialien laufen noch. Darüber hinaus erwies sich das bleifreie Barium-Strontium-Zinn-Titanat (BSSnT) als vielversprechender keramischer Werkstoff, aus dem sich zukünftig elektrokalorische Komponenten im Einklang mit den geltenden RoHS-Richtlinien (Restriction of Hazardous Substances) herstellen lassen.
Schneller Wärmeübertrag durch Heatpipes – ohne schädliche Kältemittel
Die Wärmeabfuhr erwies sich bisher als Nadelöhr mit Blick auf die Leistung elektrokalorischer Wärmepumpen: Je schneller sie erfolgt, desto leistungsfähiger ist das System. Für einen schnellen Wärmeübertrag setzt das Forschungsteam auf aktive kalorische Heatpipes (AEH), bei der der Wärmeübertrag über latente Wärme erfolgt: durch Verdampfen und Kondensieren eines Fluids auf dem kalorischen Material. Eingesetzt wurden Ethanol und Wasser – ein entscheidender Vorteil gegenüber herkömmlichen Wärmepumpen. Das von Fraunhofer IPM patentierte Konzept der AEH kam im Rahmen des ElKaWe-Projekts erstmals auch in einem elektrokalorischen System zum Einsatz. Mit dem auf Heatpipes basierenden Ansatz lassen sich deutlich höhere Zyklusfrequenzen erreichen als durch das bisher übliche aktive Pumpen einer Flüssigkeit. Das Verdampfen und Kondensieren an der Oberfläche des elektrokalorischen Materials sollte bis zu zehnmal pro Sekunde erfolgen. So kann mit wenig Material viel Wärme transportiert werden, sodass sich perspektivisch besonders günstige Systeme bauen lassen. Das Fraunhofer FEP entwickelte langzeitstabile superhydrophile Schichten, die dafür sorgen, dass das Verdampfen von der Oberfläche besonders effizient erfolgt. Um elektrische Durchschläge zu vermeiden, wurde am Fraunhofer LBF zudem ein Verfahren entwickelt, mit dem die Elektroden der elektrokalorischen Segmente in Epoxidharz eingebettet werden.
Entscheidend für eine hohe Leistungszahl kalorischer Wärmepumpen ist auch eine leistungsfähige Ansteuerungselektronik. Forschende des Fraunhofer IAF entwarfen im ElKaWe-Projekt eine Schaltungstopologie speziell für den Einsatz in elektrokalorischen Wärmepumpen. Der GaN-basierte Multilevel-DC/DC-Wandler erzielt einen elektrischen Wirkungsgrad von 99,74 Prozent – und setzt damit weltweit neue Maßstäbe bei der Umladeeffizienz, die bisher unter 90 Prozent lag.
Disruptives Potenzial der Technologie
Mit drei verschiedenen Demonstrator-Systemen zeigten die Forschenden, dass alle Komponenten zusammenarbeiten und die erwartete Systemleistung erreicht wird. Simulationen ergaben, dass die Effizienz elektrokalorischer Wärmepumpen bereits mit den heutigen Materialien ähnlich hoch ist wie die Effizienz von Kompressorsystemen. Eine Analyse verschiedener Materialklassen zeigt, dass das Potenzial für eine weitere Steigerung der Leistungszahl groß ist, sodass der Wirkungsgrad elektrokalorischer Systeme weiter steigen dürfte. »Das Team hat im Projekt exzellent interdisziplinär zusammengearbeitet und wichtige Fragestellungen gelöst. Das enorme Potenzial der Elektrokalorik wurde hier eindrucksvoll demonstriert«, findet Christan Vogel, der die Forschungsarbeiten im Beirat des Projekts eng begleitete.