Tunnelzustand

Ein Ausweg aus der händischen Inspektion

Tunnelbauwerke sind zentrale Elemente der Verkehrsinfrastruktur. Allein in Deutschland gibt es hunderte Straßen-, Eisenbahn- und U-Bahn-Tunnel, die regelmäßig gewartet werden müssen. Viele dieser Tunnel sind Jahrzehnte alt, sodass regelmäßige Wartung und Reparatur immer wichtiger werden, um Sicherheitsrisiken und Folgeschäden zu vermeiden. Das Zustandsmonitoring wird bis dato in den meisten Fällen manuell durchgeführt. Der Grad der Automatisierung und Digitalisierung ist niedrig: Die Inspektionen dauern lange, sind teuer und liefern keine objektiven Zustandsdaten. In naher Zukunft wird jedoch auch im Tunnelbau Building Information Modeling (BIM) zum Standard werden. Dazu ist dann eine vollständige Digitalisierung der Bauwerkserfassung erforderlich. Fraunhofer IPM entwickelt messtechnische Lösungen für einen kosten- und zeiteffizienten Inspektionsprozess im Regelbetrieb.

Messsysteme zur Tunnelinspektion

Der Clearance Profile Scanner CPS-Plus von Fraunhofer IPM ermöglicht eine schnelle und effiziente Inspektion von Tunnelbauwerken. Das optische Messsystem liefert absolut referenzierte und hochaufgelöste Informationen zur 3D-Geometrie, zur Oberflächenstruktur und zur Wandfeuchte von Tunneln in einem einzigen Messvorgang.

Aktuell arbeiten wir an einer Weiterentwicklung mit einer neuartigen Lichtablenkeinheit, die erstmals eine volle 360°-Abtastung des Bauwerks ermöglicht. Eine im Vergleich zu kommerziell verfügbaren Systemen viermal höhere Messgeschwindigkeit bei gleichbleibender Datenqualität ermöglicht die gleichzeitige Erfassung relevanter Zustandscharakteristika auch bei hohen Fahrgeschwindigkeiten. Eine Sperrung des Bauwerks wird dadurch unnötig. Das kompakte und flexible Systemdesign erlaubt zudem den Einsatz auf unterschiedlichsten mobilen Plattformen wie Molchen, Zügen oder Straßenfahrzeugen.

Automatisierte optische Tunnelinspektion
© Fraunhofer IPM
Der CPS-Plus von Fraunhofer IPM liefert BIM-konforme Daten für das Zustandsmonitoring von Tunneln. Dazu gehören geometrische Daten, Daten zur Oberflächenstruktur und Feuchte.

Optischer Hammerschlagtest: Fehlstellen und Delaminationen mithilfe von Lasern aufspüren

Für die Tunnelinspektion arbeiten wir an einem laserbasierten Verfahren zur Delaminationsprüfung an Tunnelwänden, das den bislang üblichen Hammerschlagtest ersetzen soll. Beim Hammerschlagtest wird die Tunnelwand von Hand mit einem Hammer abgeklopft, um verborgene Fehstellen wie z. B. Delaminationen anhand von Resonanzschwingungen aufzuspüren. Dies soll in Zukunft mit einem gepulsten Laser funktionieren: Der Laser erzeugt einen Plasmablitz auf der Betonoberfläche. Verbergen sich Delaminationen, Hohlräume oder Defekte unter der Oberfläche, regt die plasmainduzierte Schockwelle charakteristische resonante Schwingungen der Oberfläche an. Die mechanische Schwingung der Betonoberfläche wird mithilfe eines Laser-Doppler-Vibrometers (LDV) direkt über die Frequenzverschiebung des rückgestreuten Lichts gemessen. Amplitude und Frequenz der Schwingungen geben Aufschluss über die Größe und Tiefe der Hohlräume und Defekte. Bei Testmessungen im Labor konnten mit der laserbasierten Methode Fehlstellen mit einer Größe von bis zu wenigen Zentimetern detektiert werden, die mit dem klassischen Hammerschlagtest nicht erkannt wurden. Erste Testmesungen unter realen Bedingungen in verschiedenen Tunneln lieferten ebenfalls vielversprechende Ergebnisse.

Weitere Informationen

 

Tunnelmesstechnik von Fraunhofer IPM

»Optischer Hammerschlagtest – neue Technologien für die Tunnelinspektion«

Ein Beitrag in der Zeitschrift Der Eisenbahningenieur 74(10), 18-21 (2024)
https://www.eurailpress.de/ei